Der Glaube, dass freiberufliche Texter nach Wortpreis vergütet werden sollten, hält sich nach wie vor hartnäckig. Hier erkläre ich, warum das keinen Sinn macht und wie es besser geht, menschenskinners.

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Ab und zu passiert das dann doch mal wieder: Ich telefoniere mit einem Webdesigner, der meine Texte für unseren gemeinsamen Kunden einbauen soll, und wir kommen ein bisschen ins Plaudern. Und dann fragt er: „Und, wo liegt denn so dein Wortpreis als Texter?“

Das ist der Moment, wo ich mir in Gedanken das Blaulicht auf den Kopf schnalle und überlege, ob ich jetzt erklären und diskutieren soll oder mir die Energie spare. Ich fange an mit: „Nee du, ich berechne nicht nach Wortpreis, ich arbeite nur mit Paketpreisen.“

Die Antwort des Webdesigners ist eher so eine Art Gemurmel, und wir verabschieden uns bald und legen auf. Was ich mir bei ihm schenke, werde ich hier mal ausführlich erklären. Also.

Der Texter, das unbekannte Wesen

Texter bzw. Werbetexter gehören zu einer Berufsgruppe, über die viele nur so ein Halbwissen haben und die sehr klischeeumwabert ist. Verständlich, es hat ja auch nicht jeder Berührungspunkte mit ihnen. Unternehmen, die Texte für ihr Marketing benötigen, engagieren meist gleich eine ganze Werbeagentur. Und in der geht der Posten „Text“ im Gesamtangebot unter.

Was also nun, wenn man es mit einem Freelance-Texter zu tun hat? Wie bezahlt man den fair? (Un-)logische Antwort: na, nach Worten! 1 Wort = 20 Cent, oder so. Der Texter kriegt nen Wortpreis. Das addiert man dann fein zu einer Gesamtsumme und überweist den Batzen, oder?

Nope.

Diese Rechnung geht nicht auf.

An dieser Art der Bezahlung erkennt man das fehlende Bewusstsein für all das, was ein Texter leistet: Er

  • positioniert Kunden und analysiert die Zielgruppe
  • passt die Tonalität an die Zielgruppe an
  • weiß, wie man die richtigen Keywords findet und einbaut
  • kennt sich mit SEO-Technik aus
  • recherchiert das Thema, bevor er überhaupt mit dem Texten anfängt
  • weiß, dass man auf Instagram anders textet als in einem Flyer
  • kann den Aufbau einer Web-Startseite im Schlaf aufsagen
  • ist kreativ, stilsicher und auch ein bisschen Lektor

Es geht also nicht nur ums Runterschreiben ansich. Wieso sollen diese ganzen Kenntnisse in eine Vergütung pro Wort fließen?

Die Arbeit eines Texters ist wie bei allen anderen Berufen eine Transferleistung.

Texter verkaufen ihr Wissen übers Texten, nicht die Textmenge. Das machen andere Berufe auch nicht anders:

Zählt ein Koch die einzelnen Kartoffelspalten und sagt dann „30 Spalten mal 0,2 , macht dann 6 Euro bitte“?

Verrechnet ein Friseur nach der Anzahl von Haaren, die er abschneidet?

Aber nein, aber nein, aber nein.

Und noch viel gravierender:

Ein Wortpreis bläht Texte unnötig auf

Wenn ich als Texter weiß, dass ich einen Preis pro Wort erhalte, was mache ich dann? Ich versuche natürlich, viel zu schreiben. Denn dann bekomme ich mehr Geld. Ein langer Text ist aber bei weitem nicht gleich ein guter Text. Die Länge des Textes sollte immer organisch vom Inhalt bestimmt werden.

Wenn ich über Antilopen in Schleswig-Holstein texten soll und der Text ist nach 200 Wörtern zu Ende, weil’s keine Antilopen in Schleswig-Holstein gibt, dann ist ein kurzer Text eben der richtige Text. Schwafeln verschreckt Leser und ist auch nicht SEO-freundlich.

Vom Wortpreis können Texter nicht leben

Mal ein Rechenbeispiel:

Neulich habe ich eine Startseite getextet, die 600 Wörter umfasst. Würde ich das berechnen nach meinem Beispiel von oben, wären das 600 x 0,20 Euro = 120 Euro.

Vor dem Texten der Startseite habe ich eine halbe Stunde mit dem Kunden gezoomt. Ich habe seinen Fragebogen analysiert und sein Unternehmen kennengelernt. Dann habe ich den Fragebogen ausgewertet, Rückfragen geklärt, Keywords recherchiert, sie mit dem Kunden abgestimmt und DANN erst ausgetextet. Wenn ich für all das 120 Euro bekäme, wäre das ein trauriger Witz.

Was ich stattdessen mache, ist Paketpreise verkaufen

Da ich mittlerweile ganz gut weiß, was meine Kunden brauchen – nämlich mindestens 3 (Unter-)seiten, manchmal mehr – packe ich diese 3 Seiten zusammen mit all meinen Drumherum-Leistungen in einen einzigen Preis, nenne es mein „kleines Website-Paket“ und kommuniziere nur diesen Fix-Preis. Nämlich 899 Euro netto.

Manchmal wird der Text kürzer, mal länger. So what? Eine Seite ist so lang, wie sie eben sein soll und die Textlänge gleicht sich mit den anderen Seiten wieder aus, sodass ich weder zu viel noch zu wenig arbeite.

Ich habe mit meinen Kunden nie Diskussionen darüber und muss auch nicht mühsam irgendwas zusammenrechnen. Pro Monat schaffe ich zwischen 4 und 5 solcher Pakete, sodass ich als Teilzeit-Texterin auf ein gutes Gehalt komme, von dem sich die Miete zahlen lässt.

Zu viele Texter, die sich nach Wortpreisen vergüten lassen

Dass Kunden oft in Wortpreis-Kategorien denken, habe ich bereits erwähnt. Aber es gibt auch viele Texter, die sich nach Cent pro Wort verkaufen. Das liegt daran, dass es in diesem Beruf eine extrem breite Range gibt:

Da sind exzellente freiberuflicheTexter, die jahrelang in Agenturen als Creative Director gearbeitet haben, enormes Fachwissen besitzen und Texte zum Niederknien schreiben. Und es gibt Menschen, die sagen, joa!, ich mach mich nebenberuflich als Texter selbständig, muss ich dazu irgendwas wissen?, schreiben kann ich ja ganz gut, sagt auch Mutti.

„Texter“ nennen kann sich jeder. Aber das sagt leider nichts über die Leistung oder das Selbstverständnis aus. Qualität muss von beiden Seiten erkannt und anerkannt werden – von Kunde und Texter. Und wenn die gegeben ist, muss sie auch entsprechend vergütet werden.

Ohne Preis pro Wort, ohne Wenn und Aber.

 

Smartphone mit Instragam Texten von Lena Instagram Account

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