Tex­ten ist nicht gleich Tex­ten. Als ich 2008 als Redak­teu­rin anfing, hätte ich nicht gedacht, dass ich irgend­wann Key­words recher­chie­ren oder Über-mich-Sei­ten tex­ten würde. Hier erzäh­le ich, wie sich mein Job­pro­fil in den letz­ten Jah­ren ver­än­dert hat.

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Erste Schrit­te: Mar­ke­ting-Redak­teu­rin in Wies­ba­den

Das Stu­di­um abge­schlos­sen, drölf­hun­dert Prak­ti­ka absol­viert und vom Mind­set her mit­tel-moti­viert bis ner­vös: Das war ich 2008 in Frank­furt. Wo die Jobla­ge für Geis­tes­wis­sen­schaft­ler nicht rosi­ger war als woan­ders in Deutsch­land :-D. Mir schweb­te sowas vor wie Refe­ren­tin, Redak­teu­rin oder PR-Mit­ar­bei­te­rin zu wer­den – Haupt­sa­che was mit schrei­ben.

Und ich hatte Glück mit mei­nen Bewer­bun­gen:

Mei­nen ers­ten Job ergat­ter­te ich in einer Agen­tur für Direkt­mar­ke­ting in Wies­ba­den, Schwer­punkt Ener­gie­bran­che. Unse­re Kun­den: RWE, E.ON und diver­se Stadt­wer­ke aus Klein­kle­ckers­heim und sonst­wo. Ich soll­te Kun­den­ma­ga­zi­ne und Mai­lings tex­ten. Aus­schließ­lich Print. Wech­seln Sie zu unse­rem neuen Öko­strom-Tarif, so hal­ten Sie Ihr Haus ener­gie­ef­fi­zi­ent, sol­che Sachen.

Das Tex­ten selbst moch­te ich, aber die The­men, nun ja. Bis heute legen­där ist mein Arti­kel über die Holz-Hack­schnit­zel-Anla­ge in Klein-Ost­heim.

Den­noch: Hier hab ich die Grund­la­gen des pro­fes­sio­nel­len Tex­tens gelernt. Aktiv schrei­ben, posi­tiv blei­ben, direk­te Anspra­che, Hand­lungs­auf­for­de­run­gen, kurze Sätze, fet­ten, Bul­lets, sol­che Sachen. Immer wie­der, hun­dert­mal, bis ich es im Schlaf konn­te.

Nach andert­halb Jah­ren lief die Stel­le aus. Und froh, nicht mehr 3 Stun­den täg­lich pen­deln zu müs­sen, kehr­te ich Wies­ba­den den Rücken.

Wenn mich jemand gefragt hat, was ich beruf­lich mache: Mar­ke­ting-Redak­teu­rin

Was ich gelernt habe:

  • Ziel­grup­pen ver­ste­hen und anspre­chen
  • Grund­la­gen Ver­kaufs­psy­cho­lo­gie
  • Lange Texte lese­freund­lich auf­be­rei­ten
  • Direkt­mai­lings auf­bau­en
  • Prä­zi­si­on bei Fach­the­men & Recher­che
  • Atom­kraft­wer­ke sind gar nicht böse, man muss das nur in rich­ti­ge Worte ver­pa­cken

Wech­sel zur Wer­be­agen­tur: Jetzt wird’s tech­nisch

Meine nächs­te Sta­ti­on war eine klei­ne B2B-Wer­be­agen­tur in der Nähe von Frank­furt. Kun­den: Unter­neh­men aus der Technik­bran­che mit erklä­rungs­be­dürf­ti­gen Pro­duk­ten. Dabei hasse ich alles Tech­ni­sche. Aber auch hier gab es wenig Jobal­ter­na­ti­ven in der Regi­on, also nahm ich den Job an.

Hier ging es nicht mehr um (pseudo-)redaktionelle Longco­py-Texte, son­dern um kon­zen­trier­tes, kna­cki­ges Wer­be­tex­ten: poin­tier­te Spra­che, Wort­spie­le­rei­en, krea­ti­ve Head­lines und den Mut, auch mal Kon­ven­tio­nen zu bre­chen. Das war neu für mich und fiel mir anfangs schwer. Aber eines Tages legte mir mein Chef einen dicken Wäl­zer auf den Schreib­tisch: Das Buch „Abwei­chen von der Norm“ von Wer­ner Gaede.

Das war mein per­sön­li­cher Game­ch­an­ger und half mir, krea­tiv zu tex­ten. Ich gucke da heute noch gern rein und pro­fi­tie­re immer noch davon, auch wenn das Buch längst in die Jahre gekom­men ist.

Wenn mich jemand gefragt hat, was ich beruf­lich mache: Wer­be­tex­te­rin

Was ich in die­ser Phase getex­tet habe:

  • Pro­dukt­bro­schü­ren
  • Anzei­gen
  • Direkt­mai­lings mit Give aways
  • Tech­nisch-wis­sen­schaft­li­che Inhal­te in leicht ver­ständ­lich

Ham­burg: große Agen­tur, große Kun­den, Gold aus Sch****

Noch­mal andert­halb Jahre spä­ter zog ich von Frank­furt nach Ham­burg und ging wie­der auf Job­su­che: Vor­hang auf für die große Kli­schee-Ver­hei­zer-Wer­be­agen­tur. Hier war Schluss mit gemüt­lich. Ich tex­te­te erst­mals für nam­haf­te­re Kun­den wie StepStone, Bau­haus oder Fiel­mann, und nahm das volle Wer­be­agen­tur-Paket mit: Anzei­gen, Radio­spots, TV-Spots, Point of Sale, Post­wurf­sen­dun­gen, und zwar zack zack.

Die krea­ti­ven Ideen steck­ten alle in mei­nem Ärmel, und ich schüt­tel­te sie raus. Dead­line: ges­tern. Ein­mal blie­ben mir für eine „PR-Anzei­ge“ (so nann­ten wir eine Wer­be­an­zei­ge ver­steckt im Zei­tungs­be­richt-Stil) nur zehn Minu­ten, weil Panne im Pro­jekt­ma­nage­ment. Auch Mar­ti­na Rich­ter (52) ist ganz begeis­tert von ihrer neuen Gleit­sicht-Bril­le: „Mit die­ser modi­schen Fas­sung fühle ich mich wie ein rich­ti­ger Trend­set­ter!“ lacht sie begeis­tert.

Genau.

Wovon ich zu die­sem Zeit­punkt noch nie gehört hatte: SEO. Statt­des­sen klas­si­sche Wer­bung für die brei­te Masse. Die Texte waren manch­mal krea­tiv (Anzei­ge), manch­mal dümm­lich-plump (Mai­ling), aber meine Lern­kur­ve war in die­ser Agen­tur am höchs­ten.

Wenn mich jemand gefragt hat, was ich beruf­lich mache: Wer­be­tex­te­rin

Was ich in Ham­burg gelernt habe:

  • In Rekord­zeit Ideen ent­wi­ckeln und umset­zen
  • Auf­merk­sam­keits­star­ke Head­lines
  • Kam­pa­gnen-Kon­zep­te aus­den­ken
  • „Mit die­sem Hör­ge­rät hören Sie wie­der die Vögel zwitschern!“-Mailing inner­halb von Minu­ten run­ter­rat­tern
  • Sto­rytel­ling für Mar­ken

 

2017: Start in die Selbst­stän­dig­keit als Tex­te­rin

Inzwi­schen hatte ich Nach­wuchs bekom­men und war nach Lüne­burg gezo­gen. Und weil es ein­fach nicht lohn­te, in Teil­zeit nach Ham­burg zu pen­deln, beschloss ich, mich selbst­stän­dig zu machen und im Home­of­fice zu arbei­ten. Damit war die Zeit der gro­ßen Kun­den logi­scher­wei­se vor­bei, statt­des­sen mel­de­ten sich Solo-Selbst­stän­di­ge und KMU bei mir.

Good­bye Radio- und TV-Spots, hello Web­site-Texte.

Und mit die­sem Wech­sel waren auch völ­lig ande­re Fähig­kei­ten gefragt. Jetzt ging es plötz­lich nicht mehr um Krea­ti­vi­tät und Kam­pa­gnen, son­dern um Reich­wei­te. Web­sites, Blogs, Social Media.

Und noch etwas däm­mer­te am Hori­zont: Goog­le.

Kunde: Und wie fin­den Sie die Key­words, damit meine Web­site dann auch von Kun­den gefun­den wird?

Tex­te­rin Lena Block: Ja.

Nach ein paar Mona­ten merk­te ich, dass ich ohne SEO-Kennt­nis­se nicht weit kom­men würde.

Also setz­te ich mich hin und lern­te es.

Seit­dem ist SEO aus mei­nem Tex­ter-All­tag nicht mehr weg­zu­den­ken:

Wie wird eine Web­site gefun­den? Was ist die Such­in­ten­ti­on? Wie bedient man Key­word-Tools? Wel­che Texte wer­den bis zum Ende gele­sen? Was ist eine Dif­fi­cul­ty? Und warum lohnt blog­gen?

Mein Job heute hat nichts mehr mit den Inhal­ten mei­ner ers­ten Ange­stell­ten­stel­le zu tun. Natür­lich hacke ich immer noch Sätze in die Tas­ta­tur, aber erst, nach­dem ich mich vor­her durch lange Key­word-Tabel­len gescrollt habe. Die Zah­len dort spre­chen all­mäh­lich zu mir. So muss es Neo mit der Matrix ergan­gen sein.

Wenn mich jemand fragt, was ich beruf­lich mache: SEO-Tex­te­rin

Skills, die heute zäh­len:

  • Key­word-Recher­che und ‑Stra­te­gie
  • Nut­zer­zen­trier­te Texte für Web­sites und Blogs
  • Wie funk­tio­nie­ren Online-Texte
  • Bera­tung und Struk­tu­rie­rung von Inhal­ten
  • Tech­ni­sches Ver­ständ­nis von SEO (z. B. Goog­le Ana­ly­tics)

 

Aus­blick: What’s next?

Mit dem, was ich im Moment mache, bin ich echt zufrie­den. Ich könn­te immer noch über die Holz-Hack­schnit­zel-Anla­ge in Klein-Ost­heim schrei­ben, aber ihr zusätz­lich auch Reich­wei­te besche­ren.

Aber seit ein, zwei Jah­ren habe ich in mei­nem Job einen neuen End­geg­ner: KI. Und wo mich das noch hin­füh­ren wird, weiß ich nicht genau. Wis­sen wir alle nicht. Fest steht, dass sich was ändern wird.

Wird ChatGPT alle Tex­terjobs ver­nich­ten?

Wer­den Tex­ter blei­ben, weil KI so grot­ti­ge Texte schreibt, dass Goog­le sie igno­riert?

Wird es eine fried­li­che Ko-Exis­tenz zwi­schen KI und Tex­tern geben?

Nenne ich mich in ein paar Jah­ren nur noch „Promp­te­rin“? 😀

KI wird nicht wie­der weg­ge­hen. Ich benut­ze sie ja selbst. Die­sen Blog­bei­trag habe ich mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von ChatGPT geschrie­ben, tat­säch­lich.

Aber ich werde mich irgend­wie arran­gie­ren und wei­ter­ent­wi­ckeln, so wie jedes Mal bis­her. Und dann hier davon berich­ten.smile

 

 

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