Copy­cats bedie­nen sich im Web an frem­den Tex­ten und geben sie als ihre eige­nen aus. Ich bin mit Copy­cats zum ers­ten Mal bei Insta­gram in Berüh­rung gekom­men — und schön war’s nicht.

***

Das Web ist ein tol­ler Ort. Du fin­dest alles, und zwar sofort. Mein Sohn ist 2014 gebo­ren. Wenn er eine Frage hat (und er hat viele) und ich ihm die nicht beant­wor­ten kann (und das kann ich oft nicht), sagt er völ­lig selbst­ver­ständ­lich: „Frag doch mal Goog­le.“ Zu mir, die ich als Kind noch dicke hap­ti­sche Wäl­zer mit dem Titel „Das große Kin­der­le­xi­kon“ im Regal ste­hen hatte.

Das Web ist aber auch – gera­de WEIL man dort alles fin­det – ein Ort des Geran­gels. Mil­lio­nen von Dienst­leis­tern machen ihren Umsatz davon abhän­gig, ob sie bei Goog­le gefun­den wer­den oder nicht. Genau­so ist es bei Insta­gram: Wer dort Kun­den auf sich auf­merk­sam machen will, muss guten Con­tent erstel­len.

Also geben Online-Exper­ten Tipps zum Online-Busi­ness-Erstel­len. Fit­ness­coa­ches geben Tipps zur Fit­ness im Home­of­fice. Und Tex­ter geben Tipps zum Tex­ten. Alle geben Tipps. Das nennt sich Mehr­wert und zieht Kun­den an wie das Licht die Mot­ten. Die sehen dann näm­lich, dass du offen­sicht­lich weißt, wovon du redest, schen­ken dir ihr Ver­trau­en und buchen dich für ihr nächs­tes Pro­jekt.

Als ich mich 2017 selbständig machte, zog ich meine eigene Website hoch und meldete mich bei Instagram an.

Und natür­lich tat ich, was alle tun: Ich guck­te, wie die Kon­kur­renz schrieb. Ich schau­te mir die Web­sites ande­rer Tex­ter an und wurde ganz klein, wenn ich sah, dass die mit ihren Inhal­ten tau­sen­de Fol­lower bei Insta­gram anzo­gen.

Das schüch­tert erst­mal ordent­lich ein. Aber nicht nur das: Ich merk­te, wie das, was ich von ande­ren im Web las, meine eige­nen Texte über­la­ger­te. Ich fing an, in ähn­li­chen Kate­go­rien und Schran­ken zu den­ken. Wenn ich zum Bei­spiel einen Blog­bei­trag über die rich­ti­ge Struk­tu­rie­rung eines Tex­tes las, dach­te ich, stimmt ja, die hat voll Recht, sowas muss ich viel­leicht auch mal machen.

Eigent­lich habe ich als Ange­stell­te in Wer­be­agen­tu­ren gelernt, so zu tex­ten, dass du die Erwar­tungs­hal­tung des Lesers brichst und dabei dann Texte her­aus­kom­men, die hän­gen­blei­ben. Aber das ist bei Insta­gram nicht gefragt. Dort zählt nur, was du bereit bist zu geben.

Also begann ich auch, Mehr­wert zu pos­ten. „Brauchst du einen USP?“, „Was ist ein Call to Action?“ und sol­che Sachen.

Ich warf mein Wissen wie Konfetti herum, mein Account wuchs und erste Kundenanfragen trudelten ein.

Gleich­zei­tig folg­te ich ande­ren Accounts, die inhalt­lich eine Schnitt­men­ge zum Tex­ten hat­ten und die viel grö­ßer waren als ich selbst, und ich frag­te mich oft, wie die das schaff­ten. Je mehr Zeit ich auf Insta­gram ver­brach­te, desto öfter sah ich Dienst­leis­ter, die ich klas­se fand, und ande­re, die den Post Num­mer 163 zum Thema „Wie schreibt man einen Blog?“ ver­öf­fent­lich­ten.

Aber irgend­wann ent­spann­te ich mich wie­der und besann mich auf meine eige­nen Kennt­nis­se. Ich über­leg­te mir For­ma­te und such­te The­men, die ich bei ande­ren noch nicht gese­hen hatte. Dazu bas­tel­te ich oft in Canva an ver­schie­de­nen Slides und steck­te mein gan­zes Herz­blut in einen Post (und das sagt jemand, der den Aus­druck “Herz­blut” ganz schlimm fin­det).

Damit fuhr ich gut.

Bis mir eines Tages ein Post von einer ande­ren Tex­te­rin vor­ge­schla­gen wurde, des­sen Wort­laut mir sehr ver­traut vor­kam.

Weil’s, haha, mein eige­ner war. Du hät­test mal mein Gesicht in dem Moment sehen sol­len.

Für dieses Verhalten hat sich online ein Begriff etabliert, und zwar Copycat.

Eine Copy­cat kopiert den Text von ande­ren Dienst­leis­tern und gibt ihn auf ihrer Web­site oder bei Insta­gram als ihren eige­nen aus.

Texte zu kopie­ren, ob bei Insta­gram oder anders­wo, ist nicht legal. Hier greift das Urhe­ber­recht. Sie 1:1 zu über­neh­men, kann zu Klage und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen füh­ren. Selbst wenn die Worte nur ein biss­chen umge­stellt wer­den, ist das immer noch nicht ok.

Die Dame hatte mei­nen Text (es ging um das Thema Flos­keln) zwar ein biss­chen umge­schrie­ben, aber nicht genug, als dass ich meine eige­ne Hand­schrift nicht erkannt hätte. In den Kom­men­ta­ren erhielt sie Kom­pli­men­te von ihren Fol­lo­wern, die sich für ihren hilf­rei­chen Post bedank­ten. Eini­ge von ihnen erkann­te ich sogar als meine eige­nen Fol­lower.

Nun sagen die Leute ja immer das­sel­be, wenn es um Copy­cats geht: Dass das eigent­lich ein Grund zur Freu­de ist. Denn wenn deine Inhal­te kopiert wer­den, bedeu­tet das, dass du gut bist. So gut, dass ande­re dei­nen hei­ßen Scheiß für kopie­rens­wert hal­ten. Ein­fach geschmei­chelt füh­len, drü­ber lachen und wei­ter­ge­hen.

Wie fühlte ich mich? Ich würde sagen, ja, ich war geschmeichelt.

Zu etwas 30 Pro­zent. Die ande­ren 70 Pro­zent waren Fas­sungs­lo­sig­keit über so viel Dreis­tig­keit.

Ich tat dann als ers­tes etwas sehr Unüber­leg­tes. Und zwar schrieb ich die Copy­cat an, dass ich sie jetzt blo­ckie­ren würde, dann könne sie in Zukunft bei ande­ren Leu­ten klau­en.

Blöd, ich weiß. Aber wie gesagt, ich war sauer.

Ein paar Stun­den spä­ter hatte ich mich dann beru­higt und wurde etwas sach­li­cher. Ich schrieb sie noch­mal an und sagte ihr, dass sie den Post löschen solle, sonst würde ich mei­nen Anwalt kon­tak­tie­ren. Ich habe über­haupt kei­nen Anwalt. Aber tat­säch­lich lösch­te sie den Post sofort. Geant­wor­tet oder sich ent­schul­digt hat sie nie.

Das war das erste von insgesamt sechs Malen, dass ich kopiert wurde.

Immer bei Tex­te­rin­nen. Und immer abge­wan­delt, doch erkenn­bar meins. Ich habe alle ange­schrie­ben und ver­langt, dass sie die betref­fen­den Posts löschen.

Die zwei­te mein­te, upsi, sie könne sich gar nicht rich­tig erin­nern, dass sie das von mir abge­schrie­ben habe.

Num­mer 3 und 4 haben sich ent­schul­digt.

Copy­cat Num­mer 5 ergriff die Flucht nach vorn und bat um ein Text­coa­ching.

Num­mer 6 behaup­te­te, das sei nicht sie, son­dern ihre Assis­ten­tin gewe­sen.

Alle haben die kopier­ten Texte bei Insta­gram gelöscht.

Was ich daraus gelernt habe:

Mein bes­ter Kopier­schutz ist, meine Posts so per­sön­lich zu machen, dass sie län­ger hän­gen­blei­ben als „nor­ma­le“ Posts. Das merke ich an dem Feed­back, das ich bekom­me. Natür­lich kann man ein­fach einen Post erstel­len, indem man erklärt, dass man Sätze mög­lichst kurz schrei­ben soll. Aber so einen Post gibt es eben auch schon hun­dert­mal auf ande­ren Tex­ter-Accounts.

Ich habe also das Lear­ning („kurze Sätze“) mit einer per­sön­li­chen Geschich­te ver­bun­den, wie mir mal ein Brief vom Gesund­heits­amt mit einem ein­zi­gen Band­wurm­satz rein­ge­flat­tert kam – sowas ist auch viel lus­ti­ger zu lesen und außer­dem mer­ken sich die Leute sowas eher.

Auf der Web­site einer Kanz­lei für Urhe­ber­recht habe ich die­sen Satz zu Copy­cats gele­sen:

Je län­ger und ori­gi­nel­ler ein Wer­be­text ist, desto eher genießt er den Schutz des Urhe­ber­rechts und ist damit vor Pla­gia­ten geschützt.

Con­tent oder Mehr­wert allein schüt­zen nicht vorm Kopie­ren. Aber wenn du dir Mühe mit dei­nen Posts machst und deine eige­nen Sto­rys dazu­ad­dierst, dann erschaffst du etwas, das du auf kei­nem zwei­ten Account fin­den wirst.

Falls du selbst schon mal zur Copycat geworden bist:

Ich bin die erste, die ver­steht, wenn du null Ahnung hast, was du schrei­ben sollst. Aber beden­ke: Wenn du von ande­ren kopierst, hilft dir das viel­leicht kurz­fris­tig. Denn Inhal­te zu kopie­ren ist wie ein Pflas­ter auf einem Pro­blem, das viel tie­fer geht: Dir fällt nichts eige­nes ein, du hast kei­nen Plan und keine Iden­ti­tät als Dienst­leis­ter.

Was hin­dert dich daran, dein eige­nes Ding zu machen? Wo ist deine Per­sön­lich­keit als Selb­stän­di­ger?

Wer bei Bran­chen­kol­le­gen Texte kopiert, sorgt mit dafür, dass aus allen irgend­wann ein Ein­heits­brei wird, aus dem sich kei­ner mehr abhebt. Eige­ne For­ma­te zu ent­wi­ckeln kann man ler­nen – das ist gar nicht so schwer.

Was du tun kannst, wenn sich eine Copycat bei dir bedient hat:

Mach als ers­ten Schritt unbe­dingt Screen­shots von dem Account und den betref­fen­den Inhal­ten und siche­re sie ab.

Als nächs­tes kannst du die Per­son, die geklaut hat, natür­lich anschrei­ben. Hilft das nicht, melde den Account – denn das Texte kopie­ren ille­gal ist, weiß man auch bei Insta­gram.

Rechts über jedem Post siehst du drei Punk­te. Wenn du die anklickst, steht da in der Aus­wahl unter ande­rem „mel­den“.

Kann dann gut sein, dass Insta den Account der Copy­cat löscht, nach­dem du dei­nen Fall geschil­dert hast.

Wenn dir auch das nicht wei­ter­hilft und der ent­spre­chen­de Inhalt nicht gelöscht wird, kannst du tat­säch­lich das machen, womit ich nur gedroht habe, näm­lich zu einem Fach­an­walt für Urhe­ber­recht und Medi­en­recht gehen.

Wenn du prü­fen willst, ob eine Copy­cat bei dir gemopst hat, kannst du dei­nen Text bei Goog­le oder www.copyscape.com durch­lau­fen las­sen.

Ich wün­sche dir viel Glück!

 

Smartphone mit Instragam Texten von Lena Instagram Account

Hat dir der Beitrag gefallen?

Hinterlasse mir gern eine Nachricht bei Instagram!

Text­bü­ro Block auf INSTAGRAM