Irgendwann war‘s dann genug: Ich habe meine Text-KI gewechselt und den Account bei ChatGPT gekündigt.
Nach monatelanger Nutzung des unangefochtenen Marktführers habe ich eine Alternative zu ChatGPT gefunden, die ähnlich funktioniert, aber der bessere Ersatz ist, und zwar Claude von Anthropic. Der Grund ist simpel: Ich brauche ein Arbeitswerkzeug, keinen digitalen Cheerleader.
Das Leben, all das Wissen, unsere Fragen, der Fortschritt: Früher löcherten mich meine Kinder, was die Welt im Inneren zusammenhält, und im Idealfall hatte ich eine Antwort parat. Manchmal fragten sie etwas Kompliziertes, und ich sagte, puh, weiß ich auch nicht, lass uns nachher bei Google schauen. Noch später wollten sie wieder etwas wissen, und ich meinte dann, tja, keine Ahnung, gucken wir mal bei ChatGPT nach.
Ich sagte „ChatGPT“, nicht „KI“. So, wie Menschen nach einem Tempo fragen, wenn sie ein Papiertaschentuch meinen, Tesa, wenn sie Klebeband suchen, und Labello, wenn sie Lippenpflege brauchen.
Der Marktführer wird mit dem Produkt gleichgesetzt
Als der KI-Hype losging, bin ich wie die meisten anderen als erstes zu ChatGPT gegangen, weil ja alle davon sprachen und ChatGPT mit über 82% Marktanteil bei KI-Chatbots der absolute Monopolist ist. OpenAI war einfach früh dran und hat clever Marketing gemacht.
Ich hab dann dort sehr viel Zeit verbracht, sowohl für private Anliegen als auch für meine Arbeit als SEO-Texterin. Für meinen Plus-Account zahlte ich 23 Euro pro Monat.
Vor ein paar Wochen kam allerdings der Punkt, wo ich keine Lust mehr auf ChatGPT hatte. Auf die immer gleiche Tonalität (trotz individueller Prompts), auf die Gedankenstriche und die schiere Freude am Spaß, die sinnlos in allen Antworten durchschimmerte.
Rage against the machine
Denn ChatGPT ist so programmiert, dass dir bei jeder Anfrage Honig um den Mund geschmiert wird. Das ist mal okay, langfristig aber nervig und nicht glaubwürdig. Claude ist da einfach deutlich sachlicher.
Ein simpler Vergleich:
Lena: „Ich möchte mir ein Marmeladenbrot schmieren und dazu Gewürzgurken essen.“
Claude: „Das klingt nach einer interessanten Geschmackskombination.“
ChatGPT: „Was für eine herrlich eigenwillige Kombi!“
„Herrlich“? Na ja….
Bei ChatGPT beginnt jede Antwort gefühlt mit „Großartige Frage!” oder „Das ist ein spannendes Thema!”, selbst wenn ich nur wissen will, wie man ein Komma setzt. Natürlich ist mir klar, dass wir von einer Maschine sprechen und es mir im Grunde egal sein könnte, wie da jubiliert wird. Trotzdem ging mir diese aufgesetzte Begeisterung auf Dauer auf den Keks.
Claude dagegen antwortet sachlich, präzise und ohne unnötiges Beiwerk. Die Tonalität ist erwachsen, die Antworten kommen schneller auf den Punkt. Hier nutze ich die Pro-Version für 15 Euro monatlich (das Kleinvieh, der Mist,…).
Und über das Thema Gedankenstriche bei ChatGPT habe ich mich ja sogar gesondert ausgelassen.
Geheimnisse – talking about Datenschutz
Und dann war da noch diese Schlagzeile, die ich kürzlich bei Spiegel Online gelesen habe:
„Hunderte Millionen Menschen nutzen ChatGPT, manche vertrauen dem Dienst Intimes an. Nicht jeder dürfte wissen, dass manche Chats von Mitarbeitern von OpenAI gelesen werden. Und sogar von der Polizei.”
Als Texterin bearbeite ich oft sensible Kundenprojekte, vertrauliche Briefings, unveröffentlichte Konzepte. Die Vorstellung, dass diese Inhalte von OpenAI-Mitarbeitern eingesehen werden könnten, ist schlicht inakzeptabel. Auch wenn OpenAI beteuert, dass dies nur zu Qualitätssicherungszwecken geschehe – das Risiko bleibt.
Bei Claude kann ich das letztendlich auch nicht zu 100% wissen, aber ich habe ein besseres Gefühl. Anthropic positioniert sich explizit als Unternehmen, das KI-Sicherheit ernst nimmt. Tatsächlich haben die Gründer von Claude mal bei OpenAI gearbeitet, dann aber das Unternehmen wegen Sicherheitsbedenken verlassen und Claude gegründet.
ChatGPT überschwemmt das Web
Meinen Wechsel mitentschieden hat wahrscheinlich auch ein bisschen Koketterie: Ich will nicht so wie alle anderen klingen. Seit KI wird ja jeder Online-Text potentiell auf ChatGPT verdächtigt: Sind da Gedankenstriche? Klingt der Text glattgezogen, banal und steckt voller Bullets? Fängt an mit „In einer Welt, die (…)“ oder hat diese typische Aufzählung ( „Ob a, b oder c – nimm d!“)?
Wer sich viel mit ChatGPT beschäftigt, erkennt irgendwann die typische Ausdrucksweise im Schlaf wieder, oder glaubt das zumindest. Und es gibt ja sehr viele Nutzer, die GTP-Texte 1:1 übernehmen, statt sie nochmal persönlich anzupassen. Das Resultat ist Einheitsbrei, der das Web überzieht und alle gleich aussehen lässt.
Claude hat eine andere Stimme. Nicht so vorhersehbar, weniger formelhaft. Die Texte klingen erwachsener, weniger nach Motivationstrainer auf LinkedIn. Das macht einen Unterschied, nicht nur inhaltlich, sondern auch für die eigene Marke.
Noch besser als ChatGPT und Claude zusammen
Noch etwas habe ich mittlerweile gelernt: mehr zu vergleichen und nicht nur ein oder zwei Tools zu vertrauen. Claude ist nicht das Happy End. Die besten und realitätsnahen Ergebnisse erhalte ich, wenn ich meine Anfrage nicht nur bei Claude eingebe, sondern auch in der (kostenlosen) Version von ChatGPT UND der von Perplexity und Google Gemini.
Denn unterschiedliche KI haben unterschiedliche Stärken. Und durch den Abgleich mehrerer Quellen erhalte ich bessere, verlässlichere Ergebnisse.
Perplexity ist hervorragend für Faktenrecherche und aktuelle Informationen. Gemini hat seine Stärken bei der Analyse längerer Texte. Und Claude ist mein Hauptwerkzeug für alles, was Textarbeit, Konzeption und strukturiertes Denken erfordert.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Vor ein paar Wochen bekam ich eine Jobanfrage von einem großen Unternehmen, das eigentlich außerhalb meiner Zielgruppe liegt und sich auch locker eine Werbeagentur hätte leisten können. Dass ich da kein 0–8/15-Angebot hinschicken konnte, war klar. Aber welche Zahlen genau ich nennen sollte, wusste ich auch nicht.
Nutze das KI-Schwarmwissen!
Also gab ich alle Parameter, die ich zur Verfügung hatte, bei Claude, ChatGPT, Perplexity und Gemini ein: Das ist das Unternehmen, das wollen die von mir, welche Preise sind realistisch, Hilfeeee, erstell mir ein Angebot. Und erhielt 4 verschiedene Antworten, die alle klug waren, aber unterschiedliche Aspekte beleuchteten; und natürlich auch unterschiedliche Tipps zu möglichen Preisen.
Ich konnte mir dann aus allen Ergebnissen wunderbar einen für mich passenden Querschnitt bauen und ein Angebot erstellen, das sowohl marktgerecht als auch selbstbewusst war. Hätte ich nur einer KI vertraut, wäre mir diese Bandbreite an Perspektiven entgangen. So hatte ich das Gefühl, vier verschiedene Berater konsultiert zu haben.
Das ist für mich der eigentliche Game Changer: Nicht die eine perfekte KI zu suchen, sondern mehrere klug zu kombinieren. Jede hat ihre Nische, ihre Eigenheiten, ihren blinden Fleck. Zusammen sind sie unschlagbar.
Die Bekannteste ist nicht unbedingt die Beste
Wenn du Text-Unterstützung durch eine KI suchst, verlass dich bitte nicht blind auf den Marktführer. Nur weil alle ChatGPT kennen und nutzen, ist das nicht automatisch das beste Tool. Es lohnt sich, Alternativen zu vergleichen und die KI zu nehmen, deren Text-Ergebnisse dich am meisten ansprechen.
Ich habe hier ja nicht mal alle genannt – es gibt ja auch noch Jasper, Neuroflash oder Deep AI und noch viel mehr. Probier sie einfach mal aus. Deine Arbeit und deine Marke werden es dir danken.

